Serie ORANGE


Die erste Ohrfeige

 

Als ich zum ersten Mal von „Orange the World“ erfahren habe, fiel mir sofort eine Geschichte ein, die mir eine liebe Freundin vor Jahren anvertraut hat. Sie ist schon seit ich sie kenne, eine erfolgreiche Managerin, tolle Außenwirkung, umsetzungsstark, überzeugende Rhetorik, kurz ein guter, tougher Typ Frau. Eines Abends, ich weiß gar nicht mehr, was genau der Anlass war, erzählte sie mir von ihrer letzten Beziehung, die sie vor Kurzem erst beendet hatte. Endlich beendet.

 

„Angefangen hat es mit einer Ohrfeige. Wir hatten Streit, das kommt vor. Plötzlich spüre ich diesen stechenden Schmerz im Gesicht. Meine Augen rinnen. Und langsam realisiere ich: Er hat mich geschlagen!“

 

Natürlich wollte sie sich sofort von ihm trennen. Gewalt in einer Beziehung, das geht gar nicht! Sie hat ja immer gedacht, in gewissen Milieus käme das halt vor, leider, aber bei ihr…

Und dann hat sie mir von ihren Eltern erzählt. Gewalt war ein bestimmendes Thema in ihrer Kindheit. Mutter macht Vater Vorwürfe, Vater schlägt Mutter. Dann schlugen beide sie. Dabei wuchsen sie in einem „guten“ Viertel der Stadt auf.

 

Bizarre, sinistre Welt

Als ich die Recherche zu „Orange“ begann, dachte ich noch, Gewalt gegen Frauen, das dürfte eigentlich kein weitverbreitetes Thema mehr sein. Naja, eigentlich hatte ich es gehofft. Bis ich immer tiefer eingetaucht bin in eine bizarre, sinistre Welt aus Gewalt, Leidenschaft, Angst und Hoffnung. Ich habe Statistiken gelesen und was noch viel schlimmer ist: Ich habe die Schicksale einzelner Frauen erfahren. 

Frauen, die schon als Kind missbraucht und misshandelt wurden.

Frauen, die auf der Bühne strahlen und backstage bluten.

Frauen, die erdulden und verzeihen.

Frauen, die wiedergeboren werden.

Frauen, die elend zugrunde gehen.

 

Alleine bei den prominenten Frauen, bei Stars, die im Rampenlicht, in der Öffentlichkeit stehen, ist die Zahl von Misshandlungen erdrückend hoch! 

 

Diesen Frauen, gleich ob bekannt oder nicht, gleich welchem Milieu sie angehören und welchen Status sie sind, habe ich meine Serie „Orange“ gewidmet. 

 

Weil Gewalt nicht sein darf.

 

Die Serie „Orange“

Die Portraits sind in Orange-Schwarz gehalten.

Ein besonders starker Kontrast, der warnt, der aufmerksam macht, der schreit: „Achtung, hier geschieht etwas! Schau nicht weg!“ In der „Orange-the-world-Kampagne“ der Vereinten Nationen steht das Orange für eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen. Der schwarze Hintergrund symbolisiert für mich als Künstlerin das Dunkle hinter dem Leuchten. Das Schicksal der Betroffenen. Viel zu oft unbemerkt von der Welt.

 

Der Name der Frauen ist prägnant.

Während sie misshandelt, missbraucht, gedemütigt werden, flüchten viele Frauen gedanklich in eine fiktive Welt. Sie verlassen ihren Körper, geben das ICH ab, ihren Namen. Deshalb tragen alle auf den Bildern ihren Namen. Stolz und stark. Sie sind keine Einzelfälle in der Statistik! Sie sind nicht stimmenlos, sie sind nicht anonym. Sie sind Menschen. Auch wenn ihre Peiniger das unterdrücken wollten.

 

Es sind so viele.

Die WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen als eines der größten Gesundheitsrisiken von Frauen. Mehr als jede Dritte Frau musste bereits sexuelle, physische oder psychische Gewalt erfahren. Am häufigsten in der Beziehung. Eines haben mir meine Recherchen gezeigt: Ganz gleich, wie stark, ganz gleich wie mutig. Es kann jeder Frau passieren. Das macht Angst.

 

 

Die Entstehung

Wenn ich Portraits male, empfinde und empfange ich. Ich denke mich in die Menschen hinein, deren Abbilder ich schaffen darf, erinnere mich an nette Begebenheiten mit ihnen, denke daran, wie wir gemeinsam über Gott und die Welt plauderten und natürlich über das entstehende Werk. Einige meiner Auftraggeber zeigten mir sogar davor schon ganz stolz den einen, ganz besonderen Platz für dieses Bild. Und andere meinten augenzwinkernd, ich solle sie aber schöner oder etwas jünger malen. Dann lächle ich.

 

Diesmal war es anders. Wünsche nach Schönheit gab es keine. Vieles verliert seine Wichtigkeit. Und ich werde zu einem kleinen Kind, das die Welt nicht mehr versteht. 

 

Ich liebe es zu malen. Immer, überall. 

Doch so wie hier, bei dieser Serie, habe ich dabei noch nie empfunden. 

Es kostet mich große Überwindung, an die vielen Gewalttaten zu denken. An diese einzigartige Frau, die Mutter ist, Tochter oder Schwester. Wie ist sie wohl, wie ist ihr Lachen? Welche Träume hat sie? Hat sie überhaupt noch Träume? Warum hat sie so lange nichts gesagt? Wie fühlt sie sich jetzt?

 

Ich male ihre Augen und frage mich, wieviel Gewalt haben sie gesehen? Ich male ihre Lippen und frage mich, wie laut hat sie wohl um Hilfe gerufen? Oder hielt sie diese vor Angst und Ekel fest aufeinandergepresst? Ich male ihre Haare und frage mich, welche Mutter wird jetzt um ihre Tochter weinen und denkt daran, wie sie ihr das Haar kämmte. Damals, als sie noch ein Kind war. Damals, als alles noch in Ordnung war. 

 

Wie kann so etwas Grausames geschehen?

 

Und ich frage mich: Was würde diese Frau sagen, wenn sie mich beim Malen sieht? Wie würde sie es finden, dass ich Ihre Geschichte erzähle? Überschreite ich als Künstlerin eine moralische Grenze? 

Vielleicht tu ich das. Aber ich hoffe inständig, dass diese Portraits der Betroffenen, der Opfer dazu führen, dass über das gesprochen wird, was nicht sein darf. Dass dadurch Mut entsteht. Mut, um Hilfe zu bitten. Mut, nicht weg zu schauen.

 

Und von ganzem Herzen wünsche ich mir, dass diese Portrait-Serie damit ihr Ende findet.

 

 

Angaben bpd (Bundeszentrale für politische Bildung)

„Die Auswahl des Datums ist kein Zufall. Im Jahr 1981 hatte die Schriftstellerin Ángela Hernández auf einem Kongress südamerikanischer und karibischer Frauenrechtsaktvistinnen in Bogotá vorgeschlagen, den 25. November als Aktionstag einzuführen. Das Datum sollte an die Ermordung der drei Frauen Patria, Minerva und María Teresa Mirabal erinnern. Die drei Schwestern waren im Auftrag des dominikanischen Diktators Rafael Trujillo als Mitglieder der Oppositionsbewegung am 25. November 1960 ermordet worden.

 

Am Todestag der drei Schwestern weisen die Vereinten Nationen seit 1999 jährlich darauf hin, dass Frauen häuslicher, sexueller, politischer und kultureller Gewalt ausgesetzt sind. Dazu gehören auch sexuelle Belästigung, frauenfeindliche Sprache, Körperverletzungen und Morde durch Beziehungspartner, Menschenhandel und Zwangsprostitution, Genitalverstümmelung, so genannte "Ehrenmorde" und Vergewaltigungen.

Quelle: https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/196723/gewalt-gegen-frauen-25-11-2014

 

 

Angaben UNESCO

„Seit dem Ausbruch von COVID-19 hat Gewalt an Frauen und Mädchen zugenommen. Die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen in vielen Ländern führen zeitgleich auch zu einem Anstieg an häuslicher Gewalt. Sich Hilfe zu holen oder sich aus der Situation zu retten, ist für Frauen noch schwieriger als zuvor. Während COVID-19-Fälle das Gesundheitswesen stark belasten, sind auch Schutzräume für häusliche Gewalt und Helplines am Rande ihrer Kapazitäten. In einigen Ländern haben sich die Anrufe bei Helplines verfünffacht.

 

Schon vor der COVID-19-Pandemie litten im vergangenen Jahr weltweit 243 Millionen Frauen und Mädchen unter Partnerschaftsgewalt. Aktuelle Daten von UN-Women zeigen, dass weniger als 40% von Frauen weltweit, die von Gewalt betroffen sind, sich Hilfe suchen. Insgesamt bitten nur 4% aller betroffenen Frauen die Polizei um Hilfe.

 

Seit Jahren bemühen sich die Vereinten Nationen darum, Gewalt an Frauen zu thematisieren und langfristig zu bekämpfen. Sie fordern der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eine höhere Priorität einzuräumen und Schutz sowie Prävention auszuweiten.“

 

Quelle:https://www.unesco.at/ueber-uns/oesterreichische-unesco-kommission/news-oesterreichische-unesco-kommission/article/internationaler-tag-zur-beseitigung-von-gewalt-gegen-frauen

 

Ich werde diese Serie „Orange“ laufend ergänzen und nicht müde werden, fieberhaft daran mitzuarbeiten, eines Tages kein Motiv mehr dafür zu haben.


Kampusch lässt keinen Zweifel daran, dass der Täter sie volle achteinhalb Jahre lang missbraucht hat. Die Annahme jedoch, ihm sei es dabei hauptsächlich um Sex gegangen, weist sie zurück.

 

''Er wollte mich Maria nennen ... Aber ich habe Bibiana gewählt, (...) Der Name hat mir damals auch geholfen. Ich wurde eine andere Person.''

 

''Ich habe versucht, mich einzugliedern, aber das klappt nicht, weil ich nicht dazugehöre.''

 

''Für mich gibt es kein normales Leben.''

 

„Aber es war auch ein Gefängnis, in das ich da wieder zurückgekehrt bin. Ein Gefängnis der Urteile und Verurteilungen. Ein Gefängnis der Gesellschaft.“

 

(Quelle: Wikipedia, Interviews Die Presse und Kleine Zeitung)

Parallel zu ihrem zunehmenden musikalischen Erfolg häuften sich Probleme in ihrem Privatleben mit ihrem Mann Ike Turner (u. a. häusliche Gewalt), die zum Teil auch Ikes Drogenkonsum zugeschrieben wurden. 1976 schließlich verließ sie ihren Mann und beantragte die Scheidung. Diese wurde im Jahre 1978 rechtskräftig. 

 

„Meine Mutter und mein Vater haben mich nie geliebt.“

 

„Er musste immer wissen, wo sie ist. Sie bekam ein Taschengeld, kein eigenes Geld.“

 

„Er schlug mich und dann tat er mir leid. So war das. Er tat mir leid.“

 

„Ich lebte ein beschämendes Leben. Und konnte damit leben, indem ich mich einfach schämte.“

 

„Ich hatte eine irrsinnige Angst vor diesem Mann.“

 

„Es ist schwer zu begreifen, dass dein Leben eine Inspiration ist, dass deine schlimmsten Zeiten jemanden inspiriert haben. Und wir haben 50.000 Briefe von Frauen, die das auch durchgemacht und überlebt haben.“

 

(Quellen: Wikipedia, Filmdoku „Tina“)

Am 12. Dezember 1974, als er eine Bekannte in Hessen besuchte, begegneten die beiden Margret Schäfer, die auf dem Weg von einer Weihnachtsfeier nach Hause war, und begleiteten sie. Sie fesselten das Opfer in dessen Wohnung im Elternhaus, stahlen ihr Geld und flüchteten dann mit der immer noch Gefesselten. Außerhalb von Ewersbach in einem Waldstück schlug Unterweger nach eigenen Angaben schließlich mehrfach mit einer Stahlrute auf Hals und Kopf des Opfers ein. Anschließend strangulierte er die Frau auf brutale Weise mit dem Draht ihres Büstenhalters und täuschte ein Sexualdelikt vor.

(…)

Bereits im April 1973 hatte man Unterweger verdächtigt, in Salzburg eine 23-jährige Frau ermordet zu haben. Diese Tat war ihm letztlich jedoch nie nachzuweisen – die Ermittlungen wurden eingestellt, nachdem er für den Mord an Margret Schäfer zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

(…)

Unterweger begann in der Haft zu schreiben. (…) Die damalige österreichische Kulturszene präsentierte Unterweger daraufhin als Paradebeispiel für eine geglückte Resozialisierung. Es folgten Petitionen zahlreicher Intellektueller (unter anderen Ernest Borneman, Milo Dor, Erich Fried, Barbara Frischmuth, Günter Grass, Ernst Jandl, Peter Huemer, Elfriede Jelinek, Günther Nenning und Erika Pluhar) zu seiner vorzeitigen Entlassung. Nach Abbüßung von 16 Jahren seiner Strafzeit kam er nach Zustimmung des Justizministers Egmont Foregger ohne weitere Auflagen auf Bewährung frei.

Anmerkung: Margret wäre zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt gewesen.

(…)

 

(Quelle: Wikipedia)

Hatcher machte im März 2006 öffentlich, dass sie im Alter von fünf Jahren von einem Onkel sexuell missbraucht worden war und sie deswegen ihr ganzes Leben lang an Schuldgefühlen gelitten und Suizidgedanken gehabt habe. 

Sie hatte die Vorfälle zunächst verschwiegen und erst 2002 gegen ihren Onkel ausgesagt, als sich ein anderes von ihm missbrauchtes Mädchen mit 14 Jahren umgebracht hatte.

 

"Sie hatte ihren Kopf in ein Handtuch gewickelt, um Dreck zu vermeiden, und sich in den Kopf geschossen", so Teri. "In einem Abschiedsbrief verwies sie auf meinen Onkel, der sie jahrelang sexuell missbraucht hatte."

 

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen hielt sie eine emotionale Rede vor den Vereinten Nationen in New York.

 

„Meine Geschichte soll Licht ins Dunkel bringen und aufzeigen, wie gefährlich es ist, zu schweigen... Als ich sieben Jahre alt war, wurde ich von meinem Onkel sexuell missbraucht. Ich war überzeugt davon, dass es meine Schuld war und ich gab mir die Schuld, was geschehen war. Deshalb habe ich es so lange niemanden erzählt und blieb still.“

 

(Quellen: Wikipedia, VIP.de, Bunte)

Stefani - in Arbeit

Nachdem sie im Alter von 18 Jahren aus ihrem Elternhaus ausgezogen war, arbeitete sie als Go-go-Tänzerin, da ihre Eltern sie finanziell nicht unterstützten. In dieser Zeit habe sie damit begonnen, Drogen zu konsumieren, worauf ihr Vater vorübergehend den Kontakt abgebrochen habe. Mit 19 Jahren sei sie vergewaltigt worden.

 

„You tell me it gets better, it gets better in time.

You say I'll pull myself together, pull it together.

You'll be fine.

Tell me what the hell do you know?

What do you know?

Tell me how the hell could you know?

How could you know?

Till it happens to you, 

you don't know how it feels.“

 

(Quellen: Wikipedia, Lyrics Lady Gaga „Till it happens to you”)



Ich werde diese Serie „Orange“ laufend ergänzen und nicht müde werden, fieberhaft daran mitzuarbeiten, eines Tages kein Motiv mehr dafür zu haben.


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